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Ein „Klack“ für die Freiheit: Andrea Veth lädt zum Abenteuer mit Hut

By 30. November 2009Dezember 3rd, 2021Presse

„Was verbindet den US-Präsidenten Abraham Lincoln mit Marlene Dietrich, Johnnie Walker, Alice Cooper und der reichsten Ente der Welt“, fragt Andrea Veth. „Der Zylinder“, schmunzelt die gelernte Modistin und verschwindet in den Winkeln ihres winzigen Geschäftes in einer Seitengasse der Speyerer Fußgängerzone. 1999 hatte Andrea Veth das Hutmoden-Geschäft im Schatten des Altpörtels von ihrer Mutter übernommen. Diese wiederum hatte den Betrieb 1972 von ihrer Mutter geerbt.

„’Hut Beisel’ gibt es in Speyer seit 1951“, verkündet Andrea Veth und taucht über eine Treppe und am anderen Ende des Erdgeschosses wieder in den Verkaufsraum ihres traditionsreichen Familien-Betriebes ein. In der Hand hält sie eine 13 Zentimeter hohe, nachtblaue, seidig glänzende Hut-Schönheit. „Das ist ein echter Chapeau Claque“, sagt Andrea Veth, „wenn auch ein kleiner.“ Dass „ausgewachsene“ Zylinderhüte Schwindel erregende Höhen erreichen, betätigt ein Blick in die Geschichtsbücher. Dort wurde das erste Auftauchen eines Seidenzylinders als das „aufregendste Ereignisse des Jahres 1797“ verzeichnet, bei dessen „beängstigendem Anblick“ Frauen in Ohnmacht gefallen seien. „Tatsächlich gab es den hohen Hut aber schon viel früher“, sagt Andrea Veth und erinnert an ein Gemälde, das König Philipp II von Spanien  mit einem Urahn der zerbrechlich wirkenden Konstruktion aus Seide, Schellack und einem komplizierten Federmechanismus, auf dem Ladentisch des Speyerer Hutladens zeigt.

Zwar seien wohl nur wenige gekrönte Häupter unter den Herren, die ihre Zylinder heutzutage bei Hut Beisel bestellen, über mangelnde Nachfrage aber kann sich die Inhaberin nicht beklagen: Ob Pferderennen, Sylvester-Ball, zur Premierenfeier, bei Hochzeiten oder zur Übergabe des Meister-Titels einer Schornsteinfeger-Innung – der Zylinder sei gefragt wie je zuvor. Nach Auskunft von Andrea Veth bilde der hohe Hut auch einen gefragten Abschluss, darf sich der Mann von Welt in Gesellschaft, und mit Smoking oder Frack präsentieren. Auch die Mitglieder einiger Freimaurer-Logen tragen den Zylinder zu besonderen Anlässen und verstehen den „Hohen Hut“ dann als ein Sinnbild für die Gleichberechtigung ihrer Mitglieder.

„Hüte waren schon immer ein Symbol der Freiheit“, sagt Andrea Veth und ist überzeugt „Männer und Hüte – das gehört irgendwie zusammen.“ Stimmt, denn als ich das kleine Geschäft in der Rossmarktstraße verlasse, trage ich einen, typischen, australischen Outback-Hut auf dem Kopf und fühle mich ein bisschen wie Crocodile Dundee. Und wer weiß, vielleicht gibt es beim nächsten Mal doch einen Zylinder.

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